Lebenskunst
Es ist merkwürdig! Einerseits verbringen wir große Teile unseres Lebens damit, Ordnung zu schaffen. So geben wir uns Mühe, verschiedene Lebensmittel so zu kombinieren, dass ein ,ordentliches' Mittagessen daraus entsteht. Und wir ärgern uns, wenn die Ordnung gestört ist. Andererseits hat Ordnung keinen guten Ruf. Sie gilt als langweilig oder repressiv, während das Chaos als interessant und reizvoll erscheint. Wir beschäftigen uns mit zwei Fragenkomplexen: Was ist überhaupt Ordnung? Ist sie tatsächlich notwendig oder können wir auf sie auch verzichten? Und woher kommt die beschriebene Wertungsdiskrepanz? Warum streben wir allenthalben Ordnung an, empfinden sie aber oft als lästig? Kurt Bayertz ist emeritierter Professor für Praktische Philosophie an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster. Sein Buch »Der aufrechte Gang. Eine Geschichte des anthropologischen Denkens« wurde 2013 mit dem Tractatus-Preis für philosophische Essayistik ausgezeichnet.
Logotherapeutische Impulse für mehr Lebendigkeit und Sinnwahrnehmung In jedem Menschen steckt ein ganz persönlicher Lebensentwurf, der sich über die Zeit entwickeln kann. Dazu erhalten Sie Anregungen und Reflexion. Ausgehend vom momentanen Lebenskontext mit seinen jeweiligen Themen und Anforderungen schauen wir auf unser Gewordensein: Wo stehe ich heute? Erkenne ich meinen persönlichen Ausdruck? Wie bin ich dazu geworden? Was ist mir wertvoll?
Darf Hoffnung heute eigentlich noch als Quelle der Kraft gelten oder ist sie nicht viel mehr eine Flucht vor der Realität? Ist sie Tugend oder Torheit? Jonas Grethlein untersucht in diesem Vortrag 2500 Jahre Geschichte der Hoffnung. Er führt vor Augen, wie Menschen zu allen Zeiten darum rangen, eine ihnen unverfügbare Zukunft zu bewältigen, und zeigt neben den mannigfaltigen Formen des Hoffens auch seine Bedeutung in der Gegenwart auf. So erhellt er das Wesen der Hoffnung als Weltverhältnis, beschreibt, wie sie entstehen, worauf sie sich richten und worin sie gründen kann. Jonas Grethlein lehrt Klassische Philologie an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg. Er ist Mitglied der Heidelberger Akademie der Wissenschaften und Träger des Gottfried Wilhelm Leibniz-Preises 2024.
Was gibt dem Leben Sinn – und warum ist das heute für viele Menschen so schwer zu beantworten? In einer Zeit, in der traditionelle Deutungsmuster schwinden, steigt die Bedeutung individueller Orientierung. Die moderne Sinnforschung – insbesondere durch Tatjana Schnell – zeigt eindrucksvoll, welchen Einfluss gelebter Lebenssinn auf Gesundheit, Engagement und Lebensfreude hat. Im Vortrag erfahren Sie, wie Menschen Sinn erleben, wo sie ihn suchen – und was ihn nachhaltig macht. Philosophie, Psychologie und persönliche Erfahrungen liefern dabei ganz unterschiedliche, aber sich ergänzende Antworten. Der Vortrag legt Wert auf wissenschaftliche Erkenntnisse, ist lebenspraktisch angelegt und lädt zur gemeinsamen Reflexion ein.
Platon kritisiert die Sophisten für ihren Umgang mit der Redekunst. Aus seiner Sicht setzen sie ihre Fähigkeiten ein, um die Machthaber zu unterstützen und selbst Geld zu verdienen. Redekunst an sich ist weder gut noch schlecht, sie wird das Eine oder Andere erst mit der Intention, mit der sie eingesetzt wird. Die ethischen Grundgedanken und Forderungen, die Platon entwickelt, können uns heute von Nutzen sein, wenn wir lernen, mit den Möglichkeiten der KI umzugehen.
Schon um die Wende zum 19. Jahrhundert hat der Frühromantiker Friedrich Schlegel die einseitige Entwicklung des rationalistischen Weltbildes im Zuge der Aufklärung als unangemessen gegenüber Natur und Leben kritisiert und den Wert der Dichtung hervorgehoben. Weitere Väter der Lebensphilosophie sind Schopenhauer mit der Entthrohnung der Vernunft durch den (unbewussten) Urwillen und Nietzsche, der die totale Vernutzung der Welt und des Menschen kritisierte und den Wert des Lebens an sich im Sinne des vorsokratisch-griechischen Kosmos anmahnte. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts formierte sich dann gegen den objektivierend-materialistischen Zugriff auf die Welt und das Denken die eigentliche Lebensphilosophie mit den herausragenden Vertretern Wilhelm Dilthey, Henri Bergson, Georg Simmel und Ludwig Klages. Beate Himmelstoß (Philosophin und Sprecherin beim Bayerischen Rundfunk u. a.) gibt einen Überblick über diese als „unwissenschaftlich“ abgetane philosophische Bewegung, die heute so aktuell ist wie vor hundert Jahren.